13Carmen's Notizen, 05 Okt 21

Wie doof bin ich eigentlich? Unglaublich, ärgere mich so sehr über mich selbst. War schon immer kräftig, zu letzt dick und fett. Jeder Morgen begann mit dem Gedanken, ich bin zu dick. Etliche Diäten samt Jojo Effekt schon durch. Dann kam die Pandemie und Kurzarbeit. War vorher schon paar mal beim Doc und war verzweifelt. Er schickte mich ins Internet auf die Suche nach Ärzten die helfen sollten. Nun ist es so, dass ich mit knapp 140 Kilo kein Bock hatte, damit hausieren zu gehen. Eine Depression mit burn out hat er mir diagnostiziert, gab aber nur Vitamin Tabletten. Also weiter gefressen. Kummer und Süßigkeiten. Nach über einem Jahr Kurzarbeit , kam die Erkenntnis, dass ich die Zeit nutzen sollte. Also fing ich an, aufzuräumen. Küche, Bad, Wohnzimmer, Garten. Meine kaputten Knie schmerzten immer mehr. Ich wollte Minimalismus, und es schlichen sich Gedanken ein, wenn ich nicht mehr da bin, haben es die Angehörigen nicht so schwer, mit meinem Nachlass. Papiere wollte ich noch ordnen und alles aufschreiben, wo was zu finden ist. Dann kam ich zum Kleiderschrank. Habe säckeweise Klamotten rausgeschmissen. Alles was nicht mehr passte, weg. Nur noch meine Übergröße blieb. Immer mit dem Gedanken, du nimmst eh nicht mehr ab und bist ja bald weg. Ich hatte keine Suizid Gedanken, eher den Gedanken, dass ich aufgrund meines Gewichts sterbe. Dass ich bei der Corona Impfung in die Priorisierungsgruppe 2 kam, wegen Adipositas, schreckte mich ein bisschen. Dann kam Urlaub. Kanarische Inseln, begleitet von einer Venenentzündung und ständig geschwollenen Knöcheln. War nicht am Strand, schämte mich zu sehr und laufen wurde zum Spießrutenlauf, die Knie machten nicht mehr mit. Noch im Urlaub machte ich Termin beim Orthopäden. Urlaub tat mir trotzdem gut, ich kam gezwungenermaßen aus meiner Isolation und auch ein Stück aus der Depression. Beim Orthopäden dann, eröffnete er mir, dass Knie nicht mehr zu retten ist, brauch Op und das andere wird mit Spritzen, Akupunktur und orthopädischen Schuheinlagen behandelt. Des Weiteren legte er mir nahe, über ein Magenband nachzudenken. Das saß. Es saß, weil er der erste Arzt seit langem ist, dem ich vertraue und der sich kümmert und Zeit nimmt. Ein Magenband will ich nicht. Plötzlich war alles ganz einfach, Ernährung umgestellt, keine Süßigkeiten mehr, hier wieder tracken, Ernährungsberater eingeschaltet über eine App in Zusammenarbeit mit der Krankenkasse. Ich bin am Start eines langen Weges, aber schon jetzt hat sich vieles verbessert. Schlafe besser, fühle mich besser, Klamotten sitzen nicht mehr so eng, Knöchel nicht mehr geschwollen, Venen geben Ruhe, bin nicht mehr so schnell aus der Puste und kann länger Dinge am Stück tun, die sonst nur mit Pausen gingen. Ich will auf diesem Weg bleiben. Was ich schon immer dachte: hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner, hat sich auch in diesem Fall bestätigt. Schnapp dich am Schlawittchen und zieh dich selbst aus dem Dreck. Über die weggeworfenen Klamotten ärgere ich mich jetzt ein bisschen, denn eine Nummer kleiner würde jetzt schon wieder passen, aber egal. Es zeigt nur, wie sehr ich mich aufgegeben hatte.  

Wow, da warst du aber schon weit unten. Herzlichen Glückwunsch zu deiner, neuen, positiven Einstellung zu deinem Leben. Es ist immer tragisch, wenn die Ärzte nicht auch mal vorher schon Tacheles reden. Hätt ich mir bei meinen Depressionen auch vom Hausarzt gewünscht. Erst nach der Notaufnahme - mit nix-hat er mir gesagt, dass ich ne Panikstörung und Depris habe. Ich hab ihm gesagt, dass er das hätte schon eher sagen können. In manchen Dingen sind auch Ärzte nur Menschen die eben manchmal gehemmt sind. Also nimm dein Leben weiter in die Hand, freu dich an den Fortschritten und weiter viel Erfolg 👍💪